Da bläst er!

23. Dezember. „Pffffff“ macht es, wenn ein Wal einmal kräftig ausatmet. „Klkklklklklklklklklk“, wenn im selben Moment an die 100 Fotografen gleichzeitig ihre Kameras abfeuern. Es folgt ein kurzes, kollektives Gelächter, denn ein bisschen dämlich ist es eben schon, dieses Jagdfieber.

Es ist 7 Uhr, und eigentlich wollte ich mich nach einer kurzen Nacht (Bilder bearbeiten, schreiben, ihr wisst schon) noch einmal umdrehen und schlafen, als der Kapitän von der Brücke aus auf zwei Buckelwale in unmittelbarer Nähe des Schiffs hinweist. Aber Schlaf wird sowieso überbewertet, erst recht, wenn es rund um die Uhr taghell ist.

Ich ziehe mir also das Nötigste an, schnappe mir die Kamera, renne zwei Decks nach oben, suche mir einen der wenigen noch freien Plätze an der Reling und stelle fest, dass „nahe“ nicht untertrieben war: Einer der Wale schwimmt direkt unter mir – zu nahe, um ihn mit dem Tele in seiner gesamten Größe einzufangen.

Buckelwal unter mir

Durch das Wasser schimmert eine seiner Brustflossen durch. Fast eine Stunde dauert das Schauspiel, dann gehe ich frühstücken. Gesprungen sind sie diesmal nicht, dennoch bin ich angesichts ihres Anblicks wieder ein Stückchen demütiger geworden.



Der weitere Tag verspricht vor allem eines zu werden: stressig. 10 Uhr Briefing für den nächsten Foto-Workshop, 13.30 Uhr cruisen mit dem Schlauchboot, 14.30 Uhr zurück, Stunde Pause, dann wieder ins Boot, um auf den Orne Islands nördlich von Ronge Island an Land zu gehen, 16.40 Uhr wieder zurück, um dann direkt um 17 Uhr für einen Foto-Workshop erneut ins Schlauchboot zu springen.


Nach der ersten Tour dann die Ernüchterung: Nachdem wir die letzten Tage mit strahlendem Wetter verwöhnt worden sind, macht das Sightseeing in grauer Nebelsuppe heute trotz spektakulärer geometrischer Muster in den Eisbergen nur bedingt Spaß. 





Eselspinguine

Zügelpinguine
Scheidenschnabel

Die Aussicht, bei dieser Witterung dann auch noch an Land zu gehen, erscheint mir wenig verlockend. Aber ich werde eines Besseren belehrt: Bereits die Anlandung erweist sich als großes Abenteuer, da wir diesmal quasi mitten ins knietiefe Wasser aussteigen müssen. Das ist der Moment, in dem du hoffst, dass Stiefel und Hose wie versprochen auch wirklich wasserdicht sind.

Mit Schnee wird alles schöner
An Land selbst dann die nächste Überraschung: Starker Schneefall verwandelt die bislang so triste Szenerie in eine zauberhafte Winterlandschaft. Der Aufstieg zu einer Kolonie Eselspinguine erweist sich allerdings als sehr langwierig: Reger Betrieb auf ihren Trampelpfaden verursacht bei den menschlichen Besuchern immer wieder lange Staus.


Dabei zuzusehen, wie sie sich auf ihren Bäuchen mittels der orangen Füßchen den steilen Hang hochschieben, entschädigt jedoch für alles. Bislang habe ich Pinguine vor allem niedlich gefunden, inzwischen genießen sie meinen größten Respekt.


P.S.: Mein Reiseführer ist mir hinter das Bett gefallen. Bei der Bergung stoße ich auf eine Postkarte. „Sei du selbst“, steht auf der Vorderseite geschrieben, darunter zu sehen ein sich offenbar offen als homosexuell bekennender Hund mit Regenbogenflagge im Maul. Noch viel besser ist allerdings der Text auf der Rückseite:


„Liebes Bruderherz, viel Spaß bei der Lektüre – so kriegst du mal was anderes in deinen Freiburger Briefkasten als Post vom Finanzamt. Ganz liebe Grüße, deine Gabi.“ (Der Empfänger darf sich gerne bei mir melden)

P.P.S.: Zwei Mitglieder meiner österreichischen Schicksalsgemeinschaft sind heute von einer deutschen Mitreisenden gefragt worden, welche Sprache sie da eigentlich sprechen.

P.P.P.S.: Da ich immer erst abends tippe und somit dann zu spät dran wäre: Ich wünsche euch allen, die hier mitlesen, frohe Weihnachten und schöne Feiertage im Kreise eurer Liebsten!

Kommentare

  1. Herrlich Deine Berichte. Du wirst sicher demnächst zum Ehrenpinguin ernannt.������

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